to long; didn`t read gilt heute als eine der wichtigsten Regeln erfolgreicher Kommunikation.
Die Komplexität der Zusammenhänge in kurzen Social Media-Passagen zu platzieren, ist heute für viele eine hohe Kunst. Höchste Aufmerksamkeit versprechen prägnante Titel mit Ausrufezeichen und kurze Artikel, die einen Sachverhalt kurz anreißen und zu einer These, Meinung oder Sichtweise zuspitzen. Oftmals bleibt die Komplexität der Sachverhalte aber auf der Strecke. Artikel über Dürresommer, Wüstenbildung und Sahara-Sommer klingen meist besser als wissenschaftlich fundierte Analysen der Wettersituation im Kontext der Debatten um den Klimawandel.
Die Aufmerksamkeitsspanne der Leser von Internetartikeln sinkt ständig und die Bereitschaft, längere Texte am Bildschirm zu lesen, nimmt ab. Was bedeutet das für die Lektüre von Lebensläufen und Bewerberprofilen?
tl;dr: Lebensläufe sollten einen Überblick liefern und zum Lesen einladen
Jeder Recruiter, jeder Personalverantwortliche und alle Personalberatenden haben ihre eigene Routine und ihre eigene Lesezeit, um einen Lebenslauf zu bearbeiten. Ohne hierzu zweifelhafte Studien zu bemühen: Meine Lesenszeit bei den letzten 20 CV betrug (handgestoppt!) im Durchschnitt 19 Sekunden und bei 20 Profilen aus Businessnetzwerken im Durchschnitt 16 Sekunden (inklusive Scrollen). Aber wenn der Lebenslauf interessant ist- Minuten! Ist dies ein Phänomen von tl;dr oder eine routinierte Bearbeitung einer immer gleichförmigen Art von Dokumenten?
„Die Stärke eines guten Lebenslaufs ist es, die relevanten Informationen aus der Berufsbiografie und die Kernqualifikationen so zu komprimieren, dass der adressierte Leserkreis diese sofort erkennt.“
Leserorientierung schaffen und keinen Raum für Spekulationen lassen
Nicht jeder liest einen Lebenslauf gleich (oft). Es hängt stark von den Erfahrungen und dem kulturellen Hintergrund der Lesenden ab, wie die im Lebenslauf enthaltenden Informationen in Hinblick auf die Position gewertet werden. Ist die zehnjährige Betriebszugehörigkeit der Bewerbenden ein Beleg für Loyalität zum Arbeitgeber oder Beleg für eine mangelnde Flexibilität oder aber nur der schlichte Unwille neue Erfahrungen zu sammeln? Die Angabe eines Zeitfensters mit einer Beschreibung der Tätigkeit und einem Unternehmensnamen machen es möglich, den Lesenden maximal spekulieren zu lassen.
Und darum geht es bei dem Verfassen eines Lebenslaufs gerade nicht! Neben dem Überblick über die Berufsbiografie und den Kernqualifikationen sind Informationen zu den konkreten Tätigkeiten, Projekten und ggfs. auch Größenordnungen zu Verantwortungen (X € Umsatzverantwortungen, Y abgelieferte Pakete/h) gefragt. Wenn nun bekannt ist, dass in den ersten 2 Jahren der 10-jährigen Berufszugehörigkeit ein Traineeship, dann ein 3-jähriger Auslandsaufenthalt und daraufhin zwei unterschiedliche Funktionen als Teamleiter standen, ist die Frage, warum er/sie sich auf die Abteilungsleiterstelle bewirbt, klar, und dass er/sie wohl nicht faul war, auch – oder? Die Frage ist nun vielmehr: warum er/sie sich jetzt bewirbt. Einladung angenommen, wir lesen weiter!
Wie lang ist lang genug und wie kurz ist zu kurz?
Sie kennen die Internetvideos im Hochformat und ärgern sich bei der Ansicht darüber? Sie drucken Ihren Lebenslauf aus und machen sich Gedanken wie er dann aussieht? Ich kenne kaum jemanden, der seinen Lebenslauf nicht auf ein Papierformat DIN A4 optimiert hätte. Und ich kenne ebenfalls kaum jemanden, der alle erhaltenen Lebensläufe ausdruckt. Aber wäre es dann nicht konsequent, den Lebenslauf nach den Bildschirmgrößen der Leser zu optimieren und ihm auf diese Weise das lästige Scrollen zu ersparen? Warum halten sich die Schreibenden von Lebensläufen an Vorgaben aus Zeiten der Schreibmaschine und Designvorschriften aus (kostenpflichtigen) Ratgebern im Bücherregal? Und wie lang ist jetzt lang genug? Sie merken es selbst, oder?
Ihr Lebenslauf!
Es ist Ihr Lebenslauf, den Sie versenden, den Sie online stellen, den Sie in Portale hochladen, den Sie vielleicht sogar ausgedruckt zum Gespräch mitbringen. Sie entscheiden, wie Sie die Informationen aufbereiten und so komprimieren, dass ein Lesender in Ihrer Branche oder bei Ihrem Zielunternehmen die Informationen so verarbeiten kann, wie Sie es sich wünschen. Wie lang dabei zu lang, wie kurz zu kurz ist, darüber lässt sich in jedem Einzelfall trefflich streiten. Grundsätzliche Richtwerte gibt es nicht oder sind unseriös, weil sie viel zu unspezifisch aufgelistet werden. Es ist und bleibt Ihre Entscheidung und zu dieser müssen Sie stehen, genauso wie zu Ihrer Entscheidung sich für diese Stelle und keine andere zu bewerben.
Gibt es Ihrer Meinung nach die ideale Länge für einen Lebenslauf oder ist das positionsspezifisch und von der jeweiligen Erwerbsbiografie abhängig? Schreiben Sie uns Ihre Kommentare!
tbc soon.
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