Dem Lebenslauf kommt in Zeiten der Social Media Profile eine immer geringere Bedeutung zu. Viele erklären ihn mittlerweile gleich für tot und setzen ganz auf die Profildarstellung in Business-Netzwerken wie LinkedIn oder Xing. Aber ganz so tot, wie manche ihn sehen wollen, ist er wohl doch noch nicht. Denn der Lebenslauf punktet mittlerweile in ganz anderen Feldern und ihm kommt dort eine Bedeutung zu, die kein einfaches Social Media Profil leisten kann. Wann und wo eben diese Profile punkten und wann ein ausgearbeiteter Lebenslauf sticht, klären wir im Folgenden:
Ohne LinkedIn & Co läuft gar nix mehr!
Die Darstellung der eigenen Person in Verbindung mit der Berufsbiografie stellt 2021 für beruflich ambitionierte Persönlichkeiten eine Selbstverständlichkeit dar. Glänzten in den letzten Jahren vor allem Führungspersönlichkeiten deutscher Großunternehmen noch mit ihrer Abwesenheit, 1 so besitzt heute fast jede Führungskraft, bis hin zu Vorständen, einen eigenen (zum Teil auch kuratierten) LinkedIn Account. 2 Das Teilen des eigenen beruflichen Tuns mit einer breiten Öffentlichkeit dient dabei nicht nur der reinen Selbstdarstellung oder Kundengewinnung, sondern stets auch der Inszenierung der eigenen beruflichen Identität zum Zwecke der beruflichen Weiterentwicklung. 3
Die sozialen Businessnetzwerke sind daher, seit ihrer Gründung, eine große Bühne der beruflichen Selbstinszenierung und werden seit jeher zur Ansprache für eine berufliche Veränderung genutzt. Egal ob Personalberater, Headhunter oder Recruiter – viele Akteure nutzen die Netzwerke (und teils nur noch diese! 4)um potenzielle Bewerbende, Kandidaten oder Mitarbeitende anzusprechen oder etwas näher unter die Lupe zu nehmen.
Keywordisierung des Lebenslaufs: Das Business-Profil als Klappentext
Die Erstellung und Präsentation des eigenen Profils in den sozialen Netzwerken gleicht dem Klappentext eines Buches. Durchgehend werbend und einladend geschrieben, garniert mit einigen interessanten Details, die notwendig und ausreichend sind für eine erste Einordnung des Interesses.
Bei diesen Profilen finden sich stets Unternehmensnamen, eine Nennung einer beruflichen Position und manchmal noch weitere Detaillierungen und Nennungen des beruflichen Skillsets, die dem Leser einen Eindruck der beruflichen Tätigkeit vermitteln. Da die Profile schon während der Registrierung Branchen, Regionen, Erfahrungsstufen u.v.m. zugeordnet werden, können Personalsuchende sich sehr zielgerichtet durch die Personendarstellungen bewegen. Das Profil so zu gestalten, dass es möglich oft oder möglichst spezifisch gefunden wird, liegt häufig an einer intelligenten Stichwortnennung, die das eigene berufliche Skillset näher beschreibt oder eingrenzt, die so genannte Keywordisierung.
Diese Business-Profile lassen sich heute sehr systematisch mit Bewerbermanagementsystemen koppeln, so dass auch teilautomatisierte Bearbeitungen möglich sind. Und auch aktiv Stellensuchenden bieten sich diese Profile an, da sie sich via „One click“ mittels ihres Profils auf entsprechende Ausschreibungen bewerben können. Auch hier ist der Fokus klar. Direkte Einspielung der Daten in die Bewerbermanagementsysteme und somit auch die Möglichkeit automatisierte oder teilautomatisierte Matchingprozesse anzuschließen. 5
Soll das die Zukunft sein? Werden Bildungs- und Erwerbsbiografien auf ein paar Keywords reduziert und ist es egal, ob man jetzt ein Controller in Unternehmen A oder B war/ist, solange SAP-Kenntnisse und 3 Jahre Erfahrung in einem Business- Netzwerk behauptet werden?
Mehr als nur der Klappentext: Der Lebenslauf als Inhaltsverzeichnis
Für das Auffinden und die erste Einordnung des Profils mögen die Darstellungen in den sozialen Business-Medien ausreichen, jedoch werden zur Einordnung weitergehende Informationen benötigt, die nur schlecht in Form eines Profils dargestellt werden können. Und gerade hier betreten wir auch das Feld, in dem die einfache Selektion nach einem skill, oder einer Positionsbezeichnung nicht mehr ausreicht, um einen Bewerber auszuwählen. 6
Und hier schlägt nur die große Stunde des Lebenslaufs!
- Der Lebenslauf stellt nämlich neben den rein berufsbiografischen Fakten (von wann bis wann bei wem, wo und als was) auch die Möglichkeit dar, etwas ausführlicher zu den einzelnen Stationen der Berufsbiografie Stellung zu beziehen. Hier können Verantwortungsrahmen und Erfolge deutlich besser aufgeführt werden, als dass in „öffentlichen“ Profilen möglich wäre.7
- Der Lebenslauf ermöglicht einen spezifischen Zuschnitt und eine Fokussierung. Einzelne Aspekte der beruflichen Laufbahn können auf das Anforderungsprofil hin ausführlicher dargestellt werden.8
- Der Lebenslauf kann durch Design, Struktur und Sprache an sich überzeugen und sich auf diese Weise von anderen positiv abheben.
- Der Lebenslauf kann spezifisch auf einen Leserkreis hin verfasst werden und Aspekte für diesen Leserkreis näher beleuchten. Man denke hier an Geschäftsführende, die ihre Lebensläufe an Aufsichtsräte, Inhaber oder Personalberatungen adressieren. Oder Ärzte, die ihre Bewerbungen sowohl an ärztliche Direktoren oder Klinikgeschäftsführende richten.
- Der Lebenslauf kann als Initiativbewerbung genutzt werden und spezifisch auf die Person/Position geschrieben werden. Das Setzen von spezifischen Informationen ist um vieles leichter zu bewältigen als bei einem Online-Profil.
- Der Lebenslauf enthält oft zusätzliche Informationen, zum Beispiel zur Studien- und Schulwahl und evtl. sogar zu Gründen eines Jobwechsels.
- Der Lebenslauf stellt das Transferpotential des Bewerbenden dar, nämlich wie stark er in der Lage ist, die Anforderungen der Positionen mit seinen bisherigen Erfahrungen in Einklang zu bringen.
- Der aktiv übersandte Lebenslauf gilt als aktuell, überprüft9 und der Absender ist bekannt und übermittelt seine aktuellen Kontaktdaten. Die Übersendung eines Lebenslaufs ist daher immer auch ein Vertrauensvorschuss auf Seiten des Bewerbers. Dies ist bei Profilen in sozialen Businessmedien nicht immer der Fall.10
Fazit
Auch wenn ein soziales Business-Profil in 2021 wohl unerlässlich ist, so ist die Erstellung eines Lebenslaufs damit nicht ausgeschlossen und in vielen Kontexten sinnvoll. Wenn viele Personalvermittler und Personaldienstleister oftmals nur noch Online-Profile nutzen, um schnell Fähigkeiten und Anforderungen in ihren Systemen zu matchen, so ist es gerade für Führungskräfte und sehr erfahrene Professionals sinnvoll, auch mit Lebensläufen zu agieren. Oftmals beginnen die Positionen dort, wo nicht mehr der einzelne suchbare „skill“ im Vordergrund steht, sondern Erfahrung mit Menschen, Märkten und Produkten. Diese lassen sich oft viel besser und spezifischer in einem Lebenslauf beschreiben. Die Chance einen spezifischen Lebenslauf zu erstellen, in dem die Anforderungen der Positionen entsprechend einen Widerhall finden, sollte sich keine beruflich ambitionierte Persönlichkeit entgehen lassen. Der Lebenslauf stellt den Leser, wie auch den Verfasser, vor die Herausforderung seine spezifischen Erfahrungen auf die Erfahrungswelt des jeweils anderen zu transferieren. 11
Das Social Media Business-Profil verhält sich daher zum Lebenslauf wie der Klappentext zum detaillierten Inhaltsverzeichnis. Und wer beides gelesen und für interessant befunden hat, der lädt zum Bewerbungsgespräch und lässt sich die ganze Geschichte erzählen.
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