Nachdem die Sonne langsam hinter der hügeligen Landschaft am Lake Recruiting verschwand und sich ein weiterer Tag ohne nennenswerte Erfolge ankündigte, kam Rickie auf die Idee, noch einmal den Ordner der Initiativbewerbungen durchzugehen und schon nach 10 Versuchen war er da: der Idealkandidat, größer als alles was er bisher gefunden hatte…
Rickie hatte hier mal eine wirklich gute Idee, denn Initiativbewerbungen haben gerade jetzt in der Pandemiezeit wieder verstärkt Konjunktur. Die zunehmenden Unsicherheiten hinsichtlich der Zukunftsfähigkeit der Arbeitsplätze und die anhaltende Kurzarbeit in vielen Branchen fördern Initiativbewerbungen. Und auch zahlreiche Beschäftigte in Betrieben, die unmittelbar mit dem Lockdown light verbunden sind, orientieren sich gerade neu und nutzen das Instrument der Initiativbewerbung um bei Unternehmen, die derzeit keine (passenden) Positionen ausgeschrieben, auf sich aufmerksam zu machen.1
Wie werden Initiativbewerbungen in Recruiting-Abteilungen bearbeitet und welche Potenziale stecken in ihnen? Unser kurzer Artikel räumt mit einigen Vorurteilen auf und zeigt anhand von Praxisbeispielen, wie mit Initiativbewerbungen (nicht) umgegangen werden soll.
Was ist eigentlich eine Initiativbewerbung?
Eine Initiativbewerbung ist eine Spezialform der Bewerbung um einen Arbeitsplatz, die vor allem dadurch charakterisiert ist, dass um sie nicht ausdrücklich gebeten wurde. Im Gegensatz zu Bewerbungen auf Ausschreibungen, die konkret auf die Erwartungen der Unternehmen reagieren, bewegen sich Initiativbewerbung im Ungefähren und verweisen meist auf allgemeine Fähigkeiten und Qualifikationen. Es liegt dann an der Interpretation der Leser, ob die allgemeinen Fähigkeiten und Qualifikation zu den Anforderungen des Unternehmens passen oder ob dies vielleicht in Zukunft der Fall sein könnte. Gerade für Bewerbende mit unspezifischen Profilen, zum Beispiel Berufseinsteigende oder Schüler auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz, nutzen diese Form der Vorstellung 2. Eine weitere Besonderheit dieser Form der Bewerbung liegt oftmals in der Adressierung. Der Großteil der Initiativbewerbungen erreicht die Recruiting- oder HR-Abteilungen über allgemeine Adressen oder Portale, ein kleinerer Teil jedoch auch über alternative Wege. So gibt es häufig Initiativbewerbungen, die sich direkt an Führungskräfte des Unternehmens wenden, oder Bewerbungen, die von Mitarbeitern des Unternehmens weitergegeben werden.
Gezielte Initiativbewerbungen irritieren!
Kaum ein Unternehmen bearbeitet Initiativbewerbungen als einen Standardfall. Sie sind immer etwas Besonderes, sie werden zumeist gesondert und besonders behandelt, erreichen ihre Bearbeiter auf unterschiedlichen und unkonventionellen Wegen – kurzum, sie irritieren. Entweder durch ihren Inhalt oder dadurch, dass sie traditionelle Arbeits- und Entscheidungsstrukturen der Recruiting-, bzw. HR- Abteilung gehörig durcheinanderbringen. Bewerbungen von Mikis (Mitarbeiterkindern) oder Kukis (Kundenkindern) erreichen Recruiting-Abteilungen stets auf besondere Weise und jeder Mitarbeitende im Recruiting und HR kennt die Geschichten von Vorständen, Geschäftsführenden oder anderen Führungskräften die irgendjemanden, irgendwie, irgendwo „ganz unverbindlich“ mal „empfehlen“ wollen.
Aber auch Führungskräfte, Mitarbeitende des Vertriebs, kurzum Menschen, die mit der Welt außerhalb des Unternehmens im Kontakt stehen, werden angesprochen, befragt und gebeten Bewerbungen entgegenzunehmen oder weiterzuleiten. 3 All diese Initiativbewerbungen sind gezielt und werden an bestimmte Ansprechpartner adressiert, die mit dem Bewerbenden in irgendeinem Kontakt stehen. Meist werden diese Bewerber dann im Prozess besonders berücksichtigt, nicht selten bekommen sie dies auch unmissverständlich zu spüren.
Ungezielte Initiativbewerbungen sind meist nicht mehr als Spam!
In fast allen großen Unternehmen ist der Ordner für Initiativbewerbungen ein Synonym für Spam. Unadressiert, ohne Fürsprecher und meist an eine zentrale, allgemeine Mailadresse versandt, erreichen Unternehmen unzählige Initiativbewerbungen. Vom Auszubildenden bis zum Senior Management fristen diese meist ein leidvolles Dasein. Als einer von vielen Projektordnern im Bewerbermanagementsystem ist dieser Ordner meist derjenige, der am wenigsten Beachtung findet. Nur wenn in den Besetzungsprojekten gar nichts mehr geht, wird der Volltextsuche in diesem Ordner noch eine letzte „Rickie“-Chance gegeben. Oftmals vergeblich, auch aufgrund der eingeschränkten Volltextsuche, und eine automatisierte Absage erreicht den Absender der Initiativbewerbung einige Wochen nach dem Versand, ohne dass sie jemals Beachtung gefunden hätte. Unternehmen wissen das und gehen mittlerweile auch in der Bewerberkommunikation ganz selbstverständlich damit um:
Autobahn.de (abgerufen am 18.11.2020 auf www.autobahn.de)
Ungeachtet dessen, dass dieses Unternehmen mit ihrer Aussage jeglichen interessierten Bewerbenden auch wirklich nachhaltig beeindruckt, ist das Unternehmen autobahn – übrigens ein Unternehmen in Eigentümerschaft des Bundes – zumindest ehrlich. Die Vielzahl der eingehenden Bewerbungen machen es dem Unternehmen unmöglich, diese mit höchster Konzentration zu bearbeiten, also lässt man es ganz?
Jenseits von Spam und Beziehungsbewerbungen: Eigeninitiative willkommen!
Auch wenn viele (meist große) Unternehmen Initiativbewerbungen eher wenig bis gar nicht beachten, so ist es für kleine oder spezialisierte Unternehmen geradezu essenziell, interessierte Bewerber für sich zu gewinnen. Ein gutes Beispiel zeigt hier die Oberhausener Baufirma Plassmeier, die aufgrund ihrer Größe, ihres Standortes und der Wettbewerbssituation sicherlich nicht mit Bewerbungen überflutet wird. Hier zählt noch jede Initiativbewerbung und hinter jeder Bewerbung könnte sich ein zukünftiger Mitarbeiter verbergen!
Auch viele große Anwaltskanzleien, Unternehmensberatungen und IT- Dienstleister sind intensiv auf der Suche nach initiativen Bewerbenden, investieren viel in Messeauftritte und SEO, und versuchen möglichst einfache Bewerbungsvorgänge zu designen. Hierzu zählen die sogenannten One-Klick Bewerbungen, die es ermöglichen, sich mit einem sozial Media Profil schnell zu bewerben oder die zahlreichen Unternehmen der Pflege- und Gesundheitsbranche, die unter anderem Messenger-Dienste wie WhatsApp nutzen, um niedrigschwellige Initiativbewerbungen zu erhalten, oder einen sofortigen Rückruf anbieten, sofern der/die Interessierte die Nummer auf der Website hinterlässt.
Auch die Plattform TIKTOK wird schon genutzt, um mit kurzen Videos auf sich aufmerksam zu machen.
„12 initiativ Bewerbungen dank eines TikToks?
Nachdem Nina ein Video gepostet hat, wie es ist, bei SNOCKS zu arbeiten, haben wir in den nächsten Tagen 12 initiativ Bewerbungen bekommen, die sich auf das Video bezogen haben.
Ich lese noch immer viel Skepsis gegenüber der Nützlichkeit der Plattform und habe das Gefühl, dass sich die Personen einfach nicht intensiv damit beschäftigen.
Gerade aber um die Gen-Z und somit die Mitarbeiter von morgen zu erreichen, ist die Plattform aktuell besser als alles andere.
Ich muss zugeben, dass ich selbst sehr überrascht war, aber es zeigt einfach wie wichtig die Nutzung von Social Media ist, gerade für das Branding.
Ich bin gespannt, ob und wie wir die Plattform in Zukunft bei Stellenausschreibungen nutzen können.
Wann hast du das letzte Mal initiativ Bewerbungen bekommen?
Johannes Kliesch (Gründer Snooks) am 03.11. auf LinkedIn
Egal, ob als spezialisiertes Beratungsunternehmen, als Gesundheitsdienstleister, als Start Up, als kleines Unternehmen, welches in Konkurrenz zu vielen Großen in einer Metropolregion steht: Initiativbewerbungen haben in vielen Branchen einen hohen Stellenwert und sind nicht selten der Bewerbungskanal, der die besten Kandidaten liefert.
Aus Initiativbewerbungen Mitarbeitende machen!
Initiativbewerbungen zielgerichtet zu bearbeiten ist für viele Unternehmen eine Herausforderung, die sich im Laufe der Pandemie sicherlich noch weiter verschärfen wird. In Bewerbungen aus Eigeninitiative steckt viel Gold, welches gefunden werden will. Zahlreiche Lösungen stehen dafür bereit. Ja nachdem, wie viele Bewerbungen auftauchen und welche Mittel zur Bearbeitung zur Verfügung stehen, lassen sich Initiativbewerbungen zu einem relevanten Bewerberkanal machen oder zumindest zu einem Kommunikationskanal, der Bewerbende nachhaltig bindet.
aumann & metzen unterstützt Unternehmen nicht nur in der Besetzung von Fach- und Führungskräften, sondern auch in der Entwicklung von Recruiting-Strategien. Gerne beraten wir Sie auch im Umgang mit Ihren Initiativbewerbungen und zeigen basierend auf Ihren Gegebenheiten Strategien und Umsetzungen auf.
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